Rhone hinauf, zerstrten Ronen, Paris, Tours, Bordeaux und viele andere Städte. Ja es mute ihnen bald eine gaze Pro-vinz hier eingerumt werden, die noch jetzt nach ihnen den Namen Normandie fhrt. In England erschienen sie unter dem Namen Dnen und nthigten das Land zu einem schweren Tri-brte, Danegeld genannt. Auch nach Italien gingen ihre Zge; in Unteritalien grndeten sie sogar ein besonderes Reich. Selbst die Grndung des groen russischen Reiches wird den Nor-mannen zugeschrieben. Groe Scharen, Warger genannt, aus dem Stamme Ru daher der Name Russen erschienen hier um 860 unter Rurik und anderen Fhrern, und unter-warfen die kleinen slavischen Staaten an der Newa, am Dniper, an der Wolga, zu Kiew, Nowgorod. Rurik's Vetter, Olag (879912), vereinigte mehre dieser kleinen Staaten und ge-wann (882) das feite Smolensk dazu. Von nun an breiteten die Russen mit ihrer Herrschaft den Namen des russischen Landes" immer weiter aus. - Allein durch ihre zerstreuten Ansiedelungen schwchten sich die Normannen selbst immer mehr. Sie verbanden sich in ihren neuen Wohnsitzen mit den ursprnglichen Bewohnern des Landes allmlig zu dem Ganzen Eines Volkes. Darum schwand auch ihr Name nach und nach aus der Geschichte.
27. Das Frankenreich unter den letzten Karolingern.
Das Reich Kaisers Lothar I. Von den durch den Theungsvertrag zu Verdun entstandenen drei Reichen trug dieses den Keim einer baldigen Auflsung in sich selbst. Es bildete weder ein natrlich abgegrenztes Ganze, noch beruhete es auf einem gemeinsamen Volkstamme. Daher entstanden auch die meisten Verwickelungen im Reiche Lothars. Der Kaiser selbst, geqult von heftigen Gewissensbissen wegen des unwrdigen Benehmens eines Sohnes gegen seinen Vater, legte die Regie-rung nieder und ging in das Kloster Prm in der Dicese Strier, um hier seine Snden abzuben. Ein baldiger Tod endete seine Leiden. Seine drei ungeratenen Shne erbten wie seine Lnder, so seine Leiden. Alle starben kinderlos. Karl der
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Extrahierte Personennamen: Karl
Extrahierte Ortsnamen: Paris Bordeaux England Italien Unteritalien Wolga Kiew Smolensk
— 117 —
Kollegen zu Maria's Verfolgung beizugesellen. Er mußte
eine große Geldsumme erlegen und seine übrige Lebenszeit im
Kerker schmachten.
26. Elisabeths fernere Regierung.
Als Elisabeth durch eine solche Gräuelthat sich ihrer Geg-
nerin entledigt hatte, wandte sie wieder ihre ganze Sorgfalt
auf die Regierung ihres Staates, und der glänzendste Erfolg
krönte alle ihre Unternehmungen. Sie belebte den Handel
und das Seewesen und ist als die Schöpferin der großen See-
macht Englands zu betrachten. Alle, welche wegen ihrer Re-
ligionsneuerungen aus Frankreich und den Niederlanden ver-
trieben wurden, fanden in England eine offene Freistätte, und
auf solche Art wurde diese Insel der Zuffuchtsort und der
Hauptsitz der Künste und Manusacturen. Die Schifffahrt der
Engländer erstreckte sich, da sie von der Königin Aufmunte-
rung und Schutz bekam, nach und nach über alle Theile der
Erde. Der Engländer Richard Chanceller entdeckte schon 1553
den Weg nach Archangel über das Eismeer, und der russische
Czar bewilligte im Jahre 1569 einer englischen Gesellschaft das
ausschlicßende Recht zum Handel mit Rußland. Der große
Seeheld Franz Drake eiferte dem Portugiesen. Magellan nach;
er war der erste Engländer, der im Jahre 1580 eine Reise
um die Welt unternahm. Er war es auch, der die so nütz-
lichen Kartoffeln aus Amerika nach Europa brachte*) Die
*) Im Jahre 1586 kamen sie nach England und von da nach Frank-
reich, wo sie 1616 als eine große Seltenheit auf die königliche Tafel ge-
bracht wurden. In Deutschland wurden sie erst 1650 und zwar zunächst
in dem damaligen Doigtlande, in Niedcrsachfcn erst um das Jahr 1740
und noch später in Ostpreußen angepflanzt. „Im Jahre 1745 erhielt
Kolberg," erzählt der Bürger Ncttelbeck, „aus des großen Friedrich
vorsorgender Güte ein Geschenk, das damals hier zu Lande noch völlig
unbekannt war. Die guten Leute nahmen die hochgepriesencn Knollen
verwundert in die Hände, rochen, schmeckten und leckten daran; kopf-
schüttelnd bot sie ein Nachbar dem andern, man brach sie von einander
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Extrahierte Personennamen: Richard_Chanceller Franz_Drake Franz Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Englands Frankreich Niederlanden England Amerika Europa England Frank- Deutschland Niedcrsachfcn Ostpreußen Kolberg
233
Leben geben. Aber alle an der Ostsee gelegenen Länder, Finn-
land, Jngermannland, Esihland und Liefland waren im Besitze
der Schweden. Schon längst hatte er sich diese zur Beute aus-
ersehen; der gegenwärtige Augenblick schien ihm zur Ausfüh-
rung seines Vorhabens der geeignetste zu sein; denn der neue
König von Schweden, Karl Xii., war erst siebenzehn Jahre
alt und schien wenig zu versprechen. Um des guten Erfolges
noch gewisser zu sein, trat er mit dem Könige von Dänemark,
Friedrich Iv., und mit dem Kurfürsten von Sachsen Au-
gust Ii., demselben, welchen sich die Polen im Jahre 1696
zu ihrem Könige gewählt hatten, in ein Bündniß. Der junge
König von Schweden sollte zur Rückgabe aller Länder ge-
gezwungen werden, die seine Vorfahren den Russen, Dänen
und Polen entrissen hatten. Die Jugend und Unerfahrenheit
des Schwedenköniges schienen den Waffen der Verbündeten ei-
nen eben so leichten als sichern Erfolg zu versprechen. Allein
der Krieg war kein Spiel für sie. Karl brach sogleich nach
Dänemark auf, belagerte die Hauptstadt Kopenhagen und jagte
dem Könige einen solchen Schrecken ein, daß dieser noch in
demselben Jahre (1700) zu Travendal den Frieden an-
nahm. Nachdem er den ersten Feind zur Ruhe gebracht hatte,
ging er rasch auf den zweiten, die Russen, los, welche, achtzig-
tausend Mann stark, die Festung Narva in Esthland belagerten.
Obschon Karl's Heer nur aus achttausend Mann bestand, so
griff er dennoch mit diesem Häuflein am 30. November 1700
den zehnmal stärkeren Feind an. Schon in einer Viertelstunde
war der Sieg für die Schweden entschieden. Grauenvoll war
die Niederlage und Flucht der Russen. Dennoch erschütterte
dieser Unfall Pcter's große Seele nicht. „Ich weiß es wohl,"
sagte er, „die Schweden sollen uns noch manchmal schlagen;
aber wir lernen! Die Zeit wird kommen, wo wir sie wie-
der schlagen werden. Diese Schlacht sott, denke ich, die Rus-
sen aus ihrer Trägheit reißen und sic zwingen, zu lernen,
was sie nicht wissen!" — Des blutigen Weges aber zu
solchem Ziele achtete er wenig.
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Extrahierte Personennamen: Karl_Xii Karl Friedrich_Iv. Friedrich_Iv. Karl Karl
234
So hatte der junge nordische Held in einem Jahre zwei
Feinde geschlagen; nun sollte die Reihe an den dritten, den
König von Polen, August Ii., kommen. Karl hatte nichts
Geringeres im Sinne, als ihn ganz vom Throne zu stoßen
und hörte nicht auf die Bitten seines Feindes. Er drängte
ihn und seine Sachsen aus Liefland und Kurland, schlug diese
bei Clissow und Pultusk in den Jahren 1702 und 1703
und brachte die Polen dahin, daß sie den jungen geistreichen
Stanislaus Lesczinskp zu ihrem neuen Könige wählten.
August floh nach seinem Lande Sachsen zurück. Aber auch
dorthin folgte ihm der junge Held und trieb ihn so in die
Enge, daß dieser, um nicht zuletzt auch Sachsen zu verlieren,
dcmüthigst um Frieden bat. Diesen erhielt er zu Altran-
städt bei Leipzig (1706*); er mußte in demselben auf die
polnische Krone verzichten und seinen Gegner Lesezinskp als
König anerkennen. (Der weitere Verlauf dieser Angelegenheit
ist bereits früher unter dem Artikel „der polnische Erbfolge-
krieg" Seite 222 näher angegeben worden.)
Lrbannng Petersburgs (1703). — Unterdessen hatte Peter
Jngcrmannland erobert und beschlossen, am Einflüsse der Newa
in den finnischen Meerbusen eine neue Stadt zu bauen, die nach
ihm Petersburg heißen sollte. Jin Jahre 1703 legte er
den Grund zu derselben, indem er auf einer Insel in dem
Hauptstrome der Newa eine Festung anlegte. Um den Bau
schnell zu betreiben, wurden selbst aus den entferntesten Ge-
genden des Reiches Tausende von Russen, Kosaken, Tartarcn,
Finnen und Kalmücken zusammengctriebcn. Vierzigtausend Men-
schen arbeiteten binnen Kurzem an demselben. In Nockschößen
und kleinen Säcken von Matten ward die Erde zusammenge-
tragen, jedes Fahrzeug mußte Steine mitbringen, jeder Bau-
ernwagen wenigstens drei Stück, und im ganzen übrigen Lande
*) In demselben Jahre gewann Marlborough die Schlacht bei Ra-
millics gegen Billcroi, und entsetzte Eugen die von den Franzosen hart
bedrängte Stadt Turin.
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Extrahierte Personennamen: August Karl Karl Clissow Stanislaus_Lesczinskp August Peter
Jngcrmannland Marlborough Eugen
238
Ostsecländcr, Liefland, Esthland, Ingermannland und einen
Theil von Karelien, wogegen es Finnland zurückgab. Am
Tage des großen Fricdensfestcs wurde Peter als Kaiser al-
ler Reußen (Russen),feierlich ausgerufen, und ihm der Bei-
name des Großen gegeben. Die übrigen Mächte hatten sich
bereits früher durch besondere Verträge mit Schweden ausge-
föhnt. Preußen bekam Vorpommern nebst Stettin und den
Inseln Usedom und Wellin; Hannover Bremen und Ver-
den, und Dänemark blieb im Besitze des eingenommenen
Schleswig.
49. Peter des Großen letzte Lebensjahre.
Während dessen, im Jahre 1716, hatte Peter eine zweite
Reise in's Ausland gemacht, um sich mit den einzelnen Staa-
ten näher zu befreunden. Seine zweite Gemahlin, Katha-
rina, — die erste hatte er verstoßen — begleitete ihn bis Hol-
land. Hier besuchte er mit ihr sein altes Saardam wieder
und führte sie in die Hütte, welche er einst als Peter Baas
bewohnt hatte. Erst im folgenden Jahre verließ er sein Lieb-
lingsland und reifete nach Frankreich. Zu Paris wurde er
auf das zuvorkommendste empfangen; alle Merkwürdigkeiten
der Stadt wurden dem wißbegierigen Fremden gezeigt. Auch
besuchte er Richelieu's Grabmal. Er betrachtete es mit Rüh-
rung, umarmte die Bildsäule und sprach: „Großer Mann,
die Hälfte meiner Staaten hätte ich dir gegeben, uin die an-
dere Hälfte vou dir regieren zu lernen!" Eines Tages kam
der kleine, erst siebenjährige König Ludwig Xv. zu ihm. Mit
zwangloser Gcmüthlichkeit nahm Peter ihn auf den Arm, küßte
ihn und sagte: „Ich wünsche, Sire, daß Sie wohl aufwachscn
und löblich regieren mögen; vielleicht werden wir uns mit der
Zeit einander brauchen können." Sechs Wochen hielt er sich
zu Paris auf; dann begab er sich wieder nach Amsterdam zu
seiner dort zurückgebliebenen Gemahlin. Vier Wochen blieb er
noch dort, dann eilte er über Berlin in sein Reich zurück, wo
ein höchst peinliches Geschäft seiner wartete. Er hatte von
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Extrahierte Personennamen: Peter Peter Peter_Baas Ludwig_Xv. Peter
Extrahierte Ortsnamen: Esthland Karelien Finnland Schweden Stettin Hannover_Bremen Schleswig Frankreich Amsterdam Berlin
289
kam. Sie mußte sich mit Oczakow und dem Lande zwischen
den Flüssen Bug und Dnister begnügen.
Keiner übte einen größeren Einfluß auf die russische Kai-
serin, als der vorerwähnte Fürst Potemkin. Unter allen ihren
Günstlingen war er der Einzige, in dessen Händen die aus-
schließende Verwaltung des ganzen Staates lag. Er besaß
mehr glänzende als große Eigenschaften; gleichwohl behauptete
er sich bis an seinen Tod in der unumschränkten Beherrschung
seiner sonst so klugen und kräftigen Monarchin; denn er wußte
sie in der Meinung zu erhalten, daß er für ihre Sicherheit
unentbehrlich sei. Sein ungewöhnliches Glück verführte ihn
auch zu einem ungewöhnlichen Stolze und Uebermuthe. Er
wollte allein der Mächtige sein und wußte dieses mit großem
Uebermuth zu zeigen, indem er jeden durch Verdienst, Geburt
oder Neichthum ausgezeichneten Mann mit Worten, sogar
Schlägen mißhandelte. Selbst gegen die Kaiserin soll er an-
maßend aufgetreten sein, als habe nicht sie, sondern er zu be-
fehlen. Dagegen täuschte er sie wieder durch die kühnsten,
auf ihren Charakter berechneten Schmeicheleien. Als sie im
Jahre 1787 nach Taurien reifete, um diese neue Provinz zu
sehen, waren auf Poteinkin's Anordnung in einiger Entfernung
von der Landstraße hin und wieder Dörfer' oder vielmehr
Bretterwände aufgeschlagen, die eine täuschende Aehnlichkeit
mit Häusern hatten, und die Bewohner der Umgegend in ihren
besten Kleidern dahin aufgeboten worden. Bei der Eile hatte
die Kaiserin nicht Zeit, die Sache zu untersuchen; und Po-
temkin's Absicht, ihr ein großartiges Bild von den hohen
Fortschritten der Cultur und von dem Wohlstände der Einwohner
in dem ihm anvcrtrauten Gouvernement zu machen, war er-
reicht. Kein Wunder, wenn fast alle europäischen Höfe sich
beeiferten, durch Ehrenbezeigungen diesen mächtigen Günstling
für sich zu gewinnen. Als ihm Friedrich der Große den schwar-
zen Adlcrorden etwas später schickte, als er erwartet haben
mochte, erwiederte er wegwerfend: „er sei zwar dem Könige
Wcltcr'» Wcltgcsch. Iii. 16. Aufl. 19
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_der_Große Friedrich
82
Zu den furchtbarsten auswärtigen Feinden gehörten damals
die Normannen. Diese bewohnten in ungezügelter Wildheit
die dänischen, norwegischen und schwedischen Küsten. Von diesen
nördlichen Wohnsitzen führten sie auch ihren Namen Norman-
nen, d. i. Männer des Nordes. Von Jugend auf gewohnt an
das wilde Meer mit seinen Stürmen und Gefahren führten sie
ein keckes Freibeuterleben. Sie benutzten den Holzreichthnm ihrer
alten Waldungen, baueten sich Schiffe, durchzogen raubend die
Küstenländer, segelten mit ihren kleinen Schiffen die Mündungen
der Flüsse hinan und kehrten dann beutebeladen in ihre Heimath
zurück. Wie früher die Hunnen auf ihren Pferden, so lebten
sie auf ihren Schiffen. Unter ihren Seekönigen bedeckten sie mit
zahlreichem Geschwader das ganze Meer. Diese wilden Männer
kannten keine Furcht, scheuten keine Gefahr. Sie betrachteten
den Tod als das Thor zu den Palästen ihrer Götter, mit denen
sie zum Lohne ihres räuberischen Lebens alsdann zu schmausen
und zu zechen gedachten. Fast kein Land blieb von ihren ver-
wüstenden Einfällen verschont. Wüt sechshundert Fahrzeugen
liefen sie in die Elbe ein und plünderten und zerstörten Hamburg.
Vorzüglich aber wurde das westfräukische Reich heimgesucht. Sie
fuhren den Rhein, die Seine,' Loire, Garonne und Rhone hin-
auf, zerstörten Rouen, Paris, Tours, Bordeaux und viele andere
Städte. Ja es mußte ihnen bald eine ganze Provinz hier ein-
geräumt werden, die noch jetzt nach ihnen den Namen Normandie
führt. In England erschienen sie unter dem Namen Dänen und
nöthigten das Land zu einem schweren Tribute, Danegeld ge-
nannt. — Auch nach Italien gingen ihre Züge; in Unteritalien
gründeten sie sogar ein besonderes Reich. Selbst die Gründung
des großen russischen Reiches wird den Normannen zugeschrie-
den. Große Scharen, Waräger genannt, aus dem Stamme
Nuß — daher der Name Russen — erschienen hier um 860
unter Rurik und andern Führern, und untermarfm die kleinen
slavischen Staaten an der Newa, am Dnieper, an der Wolga,
zu Kiew, Nowgorod. Rurik's Vetter, Olag (879—912), ver-
einigte mehrere dieser kleinen Staaten und gewann (882) das
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Ortsnamen: Hamburg Rhein Rouen Paris Bordeaux England Italien Unteritalien Wolga Kiew
350
umwickelten sie mit Bocksfellen. Ihre Speisen erforderten kein
Feuer, kein Gewürz. Sie lebten von den Wurzeln wilder Kräu-
ter, oder vom rohen Fleische, welches sie wie einen Sattel auf
das Pferd legten, es mürbe ritten und dann verzehrten. Häuser
vermieden sie wie Gräber; sie hatten selbst keine mit Schilf be-
deckte Hütten. Umherschweifend durch Wälder, gewohnten sie sich
von erster Kindheit an zur Ertragung der Kälte, des Hungers
und des Durstes. Auf häßlicken aber ausdauernden Pferden
ware.n sie wie angeheftet bei Lage wie bei Nacht, aßen und tran-
ken, kauften und verkauften zu Pferde, auf dessen kurzem Halse
der Hunne zu schlafen pflegte. Zu Pferde auch hielten sie ihre
öffentlichen Berathungen. Krieg war ihre größte Lust. Ihre
Pfeile waren statt des Eisens mit scharfen Knochen bewaffnet.
Unerschrocken fochten sie, wenngleich ohne Plan, auch in der Nähe,
mit dem Säbel in der einen und einer Schlinge in der andern
Hand, die sie über den Reiter sowohl als Fußgänger warfen,
um sie mit sich fortzuschleppen. Dem Zuge der Männer folgten
ihre schmutzigen ungestalteten Kinder auf zahllosen Karren nach.
Zur Abwehr dieses furchtbaren Volkes wurde zu der Zeit, als
Hannibal in Italien die Römer schreckte, eine vierhundert und
fünfzig Stunden lange Mauer von den Chinesen erbauet, welche
das ungeheuerste aller Werke der menschlichen Hand ist.
Theils von den Chinesen gedrängt, theils durch innere
Stammfehden entzweiet, wanderten die Hunnen im Jahre 375
nach Chr. aus ihren Steppenländern und stießen, westlich vor-
drmgend, auf die Alanen. Diese bedeckten damals mit ihren
Heerden und Gezelten die Ebene zwischen der Wolga und dem
Don. Unfähig, dem Andrange der Hunnen zu widerstehen, schlos-
sen sie sich, Gefahr und Beute theilend, an die Sieger an. Nun
ging der gemeinschaftliche Zug über den Don, die alte Grenz-
scheide von Europa. Dann stießen sie auf die Gothen, welche
damals die weiten Landstriche zwischen dem schwarzen Meere und
den Ufern der Weichsel und Oder bis zum baltischen Meere be-
wohnten. Sie waren durch den Fluß Dnieper (Borysthcnes)
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191
1706 *); er mußte in demselben auf die polnische Krone feierlich
verzichten und seinen Gegner Lesczinski als König anerkennen.
Unterdessen halte Peter Ingermannland erobert und beschlossen,
am Einflüsse der Newa in den finnischen Meerbusen eine neue
Stadt zu bauen, die nach ihm Petersburg heißen sollte. Im
Jahre 1703 legte er den Grund zu derselben, indem er auf einer
Insel in dem Hauptstrome der Newa eine Festung anlegte. Um
den Bau schnell zu betreiben, wurden selbst aus den entferntesten
Gegenden des Reiches Tausende von Russen, Kosaken, Tataren,
Finnen und Kalmücken zusammengetrieben. Vierzigtausend Men-
schen arbeiteten binnen Kurzem an demselben. In Rockschößen
und kleinen Sacken von Matten ward die Erde zusammengetragen,
^ jedes Fahrzeug mußte Steine mitbringen, jeder Bauernwagen we-
nigstens drei Stück, und im ganzen übrigen Lande sollte kein ge-
mauertes Haus gebauet werden, bis die neue Stadt fertig sei.
Schon binnen vier Monaten war die Festung fertig, und nun
ging es mit noch größerem Eifer an den Bau der Stadt. In-
nerhalb zehn Jahren standen schon mehre tausend große und kleine
Hauser. Um die neue Stadt zu bevölkern, mußten alle Städte
und Orte des Reiches Kaufleute, Handwerker und Künstler mit
ihren Familien abschicken, um sich für immer in Petersburg nie-
derzulassen. Auch die meisten Bauleute, welche die weite Rückkehr
in ihre Heimath scheueten, ließen sich in derselben nieder. Mehre
hundert adelige Familien aus Moskau mußten den Winter in
der neuen Residenz zubringen. Auch aus den benachbarten Län-
dern , besonders aus Deutschland, ließen sich viele in Petersburg
nieder, so daß sie bald, zum Erstaunen Aller, eine der schönsten
und volkreichsten Städte des ganzen Erdkreises wurde.
Wahrend Peter mit dem Baue seiner Stadt auf das eif-
rigste beschäftigt war, erhielt er plötzlich die Nachricht, Karl habe
mit dem Kurfürsten von Sachsen Friede geschlossen und sei mit
‘) In demselben Jahre gewann Marlborough die große Schlacht bei
Ramillies gegen Villeroi, und entsetzte Eugen die von den Fran-
zosen hart bedrängte Stadt Turin.
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Extrahierte Personennamen: Peter_Ingermannland Hauser Peter Karl Karl Marlborough Eugen
Extrahierte Ortsnamen: Petersburg Petersburg Moskau Deutschland Petersburg Sachsen Turin
194
in den Laufgräben von einer feindlichen Kugel getroffen. So
starb der weit gefürchtete und bewunderte uordifche Held, erst
sechs und dreißig Jahre alt, der eigentlich nie regiert, sondern
bloß Feldzüge geführt hat. Mit ihm erlosch Schwedens Ansehen
und Ruhm. Im Frieden von Nystadt 1721 mußte es
an Rußland die schönsten Ostseelander, Liefland, Esthland, Inger-
mannland und einen Theil von Karelien abtreten. Preußen be-
kam die Halste von Vorpommern; nur Dänemark ging leer aus.
Am Tage des großen Friedensfestes wurde Peter als Kaiser
aller Reußen feierlich ausgerufen und ihm der Beiname des
Großen zugelegt.
47. Peter des Gr. letzte Lebensjahre.
Während dessen, im Jahre 1716, hatte Peter eine zweite
Reise in's Ausland gemacht, um sich mit den einzelnen Staaten
näher zu befreunden. Seine zweite Gemahlin, Katharina,
— die erste hatte er verstoßen — begleitete ihn bis Holland.
Hier besuchte er mit ihr sein altes Saardam wieder und führte
sie in die Hütte, welche er einst als Peter Baas bewohnt hatte.
Im folgenden Jahre erst verließ er sein Lieblingsland und reifete
nach Frankreich. Zu Paris wurde er auf das zuvorkommendste
empfangen; alle Merkwürdigkeiten der Stadt wurden dem wißbe-
gierigen Fremden gezeigt. Auch besuchte ec Richelieu's Grabmal.
Er betrachtete es mit Rührung, umarmte die Bildsäule und
sprach: „Großer Mann, Dir wollte ich die Hälfte meiner Staaten
geben, könntest Du mich die andere regieren lehren." Eines Tages
kam der kleine, erst siebenjährige König Ludwig Xv. zu ihm.
Mit zwangloser Gemüthlichkeit nahm Peter ihn auf den Arm,
küßte ihn und sagte: „Ich wünsche, Sire, daß Sie wohl auf-
wachsen und löblich regieren mögen; vielleicht werden wir uns
mit der Zeit einander brauchen können." Sechs Wochen hielt er
sich zu Paris auf; dann begab er sich wieder nach Amsterdam
zu seiner dort zurückgebliebenen Gemahlin. Vier Wochen blieb
er noch dort, dann eilte er über Berlin in sein Reich zurück.
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Extrahierte Personennamen: Peter Peter Katharina Peter_Baas Ludwig_Xv. Peter
Extrahierte Ortsnamen: Esthland Karelien Holland Frankreich Amsterdam Berlin